Hans-Ulrich Bigler, Direktor Schweizerischer Gewerbeverband sgv
Pünktlich zu Beginn der Sommerhitze publizierte der Bundesrat seine Lageanalyse zur Frankenstärke. Das Gremium fühlt sich in früheren Einschätzungen bestätigt, es drohe keine schwere Krise, allerdings – so der O-Ton – dürfte das Wirtschaftswachstum in den nächsten Quartalen sehr schwach sein. Es drohe in den vom Frankenkurs betroffenen Branchen ein erheblicher Verlust an Arbeitsplätzen.
Der Bundesrat tut routiniert das vermeintlich Naheliegende: Runde Tische werden einberufen, Sondermassnahmen für die Innovationsförderung beschlossen und die Bewilligungspflicht für Kurzarbeit erleichtert. Nur – ist das Naheliegende immer auch das Richtige?
Szenenwechsel. Gegen Ende Juni – also noch vor der Sommerhitze – traf auf unserer Geschäftsstelle eine E-Mail mit folgendem Betreff ein: «Aktuelle Lage: Hilfeschrei!», um dann in der Anrede fortzufahren «Die metallverarbeitende Industrie und das Gewerbe befinden sich im freien Fall!!!!!!».
«Les extêmes se touchent» – gewiss. Und trotzdem lohnt es sich, etwas genauer hinzuschauen. Zunächst: der Schweizerische Gewerbeverband sgv teilt die letzte Woche veröffentlichte Lageeinschätzung des Bundesrates zu den Folgen der Frankenstärke. Allerdings sei deutlich und mehrfach unterstrichen: Den betroffenen Unternehmungen helfen Runde Tische und weitere Berichte nicht weiter. Gefragt sind Massnahmen der Politik, die in den Betrieben dazu beitragen, den durch die Aufhebung des Mindestkurses entstandenen Fixkostensprung von bis zu 15 Prozent zu lindern.

Die ausserordentliche Frankenstärke stellt viele KMU vor grosse Herausforderungen. Umso wichtiger ist es, dass der Abbau unnötiger Regulierungskosten rasch vorangetrieben wird. Der Bundesrat selbst hat Massnahmen vorgeschlagen, verharrt jetzt aber im Stillstand und lässt die Amtsmühlen im Leerlauf weiterdrehen.
In der Beantwortung des Postulates Fournier schlug der Bundesrat im Jahr 2013 selber verschiedene Senkungsmassnahmen vor. Beispielsweise mit einem Einheitssatz der Mehrwertsteuer, mit der Harmonisierung der Baunormen oder mit gezielten Vereinfachungen im Zoll- und Umweltverfahren.
Doch anstatt diese Massnahmen umzusetzen, wurde abgewartet. Nun ist es endlich an der Zeit, diese unnötigen Regulierungskosten zu senken – und nicht noch einen weiteren Bericht zu erstellen. Das verlangt sgv-Vizepräsident Jean-René Fournier in einer erneuten Motion. Für den sgv ist es völlig unverständlich, dass der Bundesrat diese ablehnt und stattdessen die Amtsmühlen im Leerlauf weiterdrehen lassen will. Wie bereits dargelegt: Von der Senkung unnötiger Regulierungskosten profitiert die ganze Schweiz: Der Wettbewerb wird gefördert und intensiviert, die Produktivität kann gesteigert werden und Unternehmen sichern Arbeitsplätze. Vor diesem Hintergrund unterstützt der sgv den bürgerlichen Schulterschluss nach Kräften.
Wenn nun der Parteipräsident der SP, Ständerat Levrat, in der Sonntagspresse dagegen polemisiert und vor einem billigen Marketingtrick warnt, sollte dies aufhorchen lassen. Offenbar stimmt die Marschrichtung und es bleibt zu hoffen, dass insbesondere im Herbst bürgerliche Parlamentarierinnen und Parlamentarier gewählt werden, die diese Stossrichtung nach Kräften mittragen.
„Für den sgv ist es völlig unverständlich, dass der Bundesrat diese ablehnt und stattdessen die Amtsmühlen im Leerlauf weiterdrehen lassen will.“
Gutes Beispiel: Da klagt man als KMU beim Kompetenzzentrum der Schweizer Detailhandel werde aus dem Ausländischen Detailhandel denunziert. Die Folge daraus ist, dass in einer Kettenreaktion bis herunter nach Trimbach der Wettbewerb wieder etwas fairer wird.
LikenLiken